Gastbeitrag von Wolfgang Holzhäuser, Partner bei SPORTHEADS, in der kicker-Montagsausgabe vom 20.04.2020.
Die Corona-Krise bringt es an den Tag: Der Profifußball – zumindest ein Teil der Klubs – ist nicht krisenfest. Zuletzt hatte der kicker gemeldet, dass 13 der 36 Vereine in Bundesliga und 2. Liga insolvenzgefährdet sind – auch die Aussagen verschiedener Klub-Verantwortlicher gehen in diese Richtung. Optimisten betonen, dass immerhin zwei Drittel der Fußball-Unternehmen gut gewirtschaftet hätten. Pessimisten – oder besser Realisten – wissen aber auch, dass der Großteil der übrigen oft am Rande des Existenzminimums „operiert“. Die alljährliche Lizenzierung – die aus rechtlichen Gründen nur auf die Liquidität abstellt – spricht da eben eine andere Sprache. Bekanntermaßen liegt in der Krise auch immer eine Chance. Und die sollten die Klubs des Profifußballs dazu nutzen, ihre Finanzierung auf eine langfristige, damit solidere und breitere Basis zu stellen. Das „Investoren-Modell“ bietet sich da fast idealerweise an, weil es Abhängigkeiten minimiert und Sicherheiten auf breiterer Basis ermöglicht.
Bisher wird der Spielbetrieb durch den Verkauf von Eintrittsgeldern, durch Werbeerträge, die sogenannten Fernsehgelder, Erlöse aus Transfers und zu einem kleineren Teil durch den Verkauf von Fanartikeln etc. finanziert. Die Erträge sind nicht unabhängig vom sportlichen Ergebnis, was die Kalkulation schwierig gestaltet. Ein Abstieg aus der Bundesliga in die 2. Liga hat zum Beispiel im Normalfall einen erheblichen Rückgang von Erlösen zur Folge. Wenn dann noch die Kredite zur Finanzierung des Spielbetriebs kurzfristiger Natur sind, kann dies schnell zu Zahlungsstockungen oder gar zur Zahlungsunfähigkeit führen, was wiederum anscheinend bei vielen Vereinen zur weiteren Aufnahme kurzfristiger Kredite führt. Wie durchaus Beispiele in der Bundesliga zeigen, sind auch die Klubs, die viele Jahre international gespielt haben, gefährdet, wenn mal über mehrere Spielzeiten keine Qualifikation mehr erreicht wird und der Kostenapparat wegen der bestehenden Verträge mit den Spielern weiter läuft. Es ist auch mehr als ein Zeichen der Solidarität der Liga, wenn die bessergestellten Klubs Mittel zur Verfügung stellen, um den von der Insolvenz bedrohten Klubs zu helfen. Aber dies alles sind nur die berühmten Tropfen auf den heißen Stein. Stundungen oder auch Verzicht von Gehältern sind zwar lobenswert, helfen aber nur kurzzeitig. Natürlich wird auch in den Vorstandsetagen der Klubs jede Kostenstelle auf Einsparpotenzial geprüft werden.
Das jetzige Krisenszenario zeigt deutlich, wie gefährlich die alleinige Aufnahme von kurzfristigem Geld ist, wenn vermeintlich sichere Finanzmittel wie die TV- und Sponsorengelder nicht oder auch nur zum Teil kommen. Wenn dann noch diese vorab zur Sicherheit an Banken abgetreten sind, führt dies sehr schnell zum Kollaps. Die jetzige Situation sollte dazu genutzt werden, die Finanzierung im Kern auf eine langfristige umzustellen. Eine Abgabe von Anteilen am Klub an Investoren oder Werbepartner ist eine Möglichkeit, die Finanzstruktur auf solide Füße zu stellen, sofern dies der Verbandsvorschrift, wonach kein Investor mehr als 49,9 Prozent haben darf (50+1-Klausel), entspricht. Will man mit einem oder mehreren Investoren zusammenarbeiten, sollten anlässlich der Verhandlungen klare und vernünftige Regelungen vereinbart werden, die die Selbstbestimmung der Klubs gewährleisten. So sollte ein Verkauf an einen einzelnen Investor 20 bis 30 Prozent der Anteile nicht überschreiten, ansonsten würde die Abhängigkeit von diesem zu groß. Darüber hinaus sollte ein Verkauf der Anteile an Dritte nur mit vorheriger Zustimmung des Klubs möglich sein. Eine langfristige Bindung der Mittel von mindestens drei, besser fünf Jahren wäre auch eine Bedingung, genauso wie ein Vorkaufsrecht für den Klub, sollte der Investor am Ende der Vertragslaufzeit sein Engagement nicht verlängern. Natürlich wäre dann eine marktübliche Verzinsung für den Investor zu leisten, die durchaus vorher fest vereinbart werden kann. Einem Investor eine Position in einem Aufsichtsorgan zu geben wäre sicher auch richtig, allerdings nur im Verhältnis seiner Anteile am Klub. Festzuhalten ist, dass jegliche Art der Beteiligung der Zustimmung der Mitgliederversammlung bedarf und daher eine Meinungsbildung der Mitglieder gewährleistet ist.
Ob der Verband eine mehrfache Beteiligung eines Klubinvestors innerhalb der Bundesliga oder der 2. Liga zulässt, müsste getrennt festgelegt werden, um dem Anschein einer möglichen Verzerrung des Wettbewerbs vorzubeugen. Dabei könnten auch das finanzielle Engagement von Sponsoren oder auch die Aktivitäten von Spielerberatungsgesellschaften bei mehreren Klubs mal diskutiert werden. Aber das ist dann wieder ein anderes Thema.
Es ist an der Zeit, die Angst vor den Investoren zurückzustellen und nach Möglichkeiten zu suchen, wie man sich besser auf die Zukunft vorbereiten kann. Die Zeit nach Corona sollte genutzt werden, auch andere dringende Probleme des Profifußballs anzupacken. Die immer weiter auseinandergehende Schere im Profifußball ist auch ein Grund für die finanziellen Probleme der kleineren Klubs. Und die niemandem mehr begreiflich zu machende horrende Steigerung der Gehälter und Ablösesummen muss ebenfalls einer Lösung zugeführt werden.
Die immer wieder mal erwähnte Einführung einer Begrenzung der Gehälter (Salary Cap) oder ein System der Verteilung der Talente auf die gesamte Liga (Draftsystem) sind ernsthaft – natürlich im europäischen Kontext – auf ihre Machbarkeit zu prüfen. Es ist der Zeitpunkt gekommen zu handeln.