Marcel Cordes, Managing Partner bei SPORTHEADS, gibt im Gespräch mit der Fachzeitschrift HORIZONT Einblicke in die Auswirkungen von Geisterspielen auf die Werbewirkung:
Läuft alles nach Plan, darf in der Fußball-Bundesliga ab dem 16. Mai der Ball wieder rollen. Die Vereine wenden damit die Gefahr millionenschwerer Verluste ab, Sponsoren bekommen eine begehrte Werbefläche zurück. Dennoch wird die Liga nicht mehr die gleiche sein, schon allein, weil keine Zuschauer in den Stadien sitzen dürfen. Was bedeutet das für die Sponsoren und ihre Erwartungen an die restliche Saison?
Es war ein langer und harter Kampf, bis die Deutsche Fußball Liga (DFL) unter der Führung von Christian Seifert die Politik davon überzeugt hatte, dass eine Fortsetzung der Mitte März unterbrochenen Bundesliga-Saison verantwortbar ist. Für die 36 Clubs würde mit dem ersten Anstoß eine lange Zeit des Bangens zuende gehen. Denn ein vorzeitiger Saisonabbruch hätte einige von ihnen in eine existenzielle Krise gestürzt. Nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hätten nicht nur rund 400 Millionen Euro an TV-Geldern auf dem Spiel gestanden, sondern auch Werbeerlöse in Höhe von 250 Millionen Euro.
Diese Gelder können nun fließen. Klar ist allerdings auch: Die vor der laufenden Rechteperiode verabredeten Leistungen können vermutlich nicht mehr alle in vollem Umfang erbracht werden. Ohne Fans im Stadion verliert der Fußball den größten Teil seiner einzigartigen Atmosphäre, die ihn zu einer so begehrten Werbefläche macht. Während der Zwangspause haben die Bundesliga-Sponsoren an vielen Stellen Alternativkonzepte umgesetzt, wie etwa eine Präsenz bei dem kurzerhand von der DFL aufgesetzten E-Sports-Wettbewerb Bundesliga Home Challenge.
Dennoch stellt sich die Frage, wie Sponsoren mit eventuellen Minderleistungen umgehen sollten. Rein rechtlich ist in vielen Verträgen definiert, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage – und als solche könnten Geisterspiele durchaus gesehen werden – Regressforderungen nach sich ziehen. Allerdings liegt im Fall der Corona-Pandemie höhere Gewalt vor, die in Verträgen zwar berücksichtigt wird, allerdings wohl nicht in einem solchen Ausmaß.
Bei der Vereinigung S20, in der sich Top-Sponsoren wie Adidas, Coca-Cola und SAP zusammengeschlossen haben, ist man sich dieses Dilemmas bewusst. Allerdings gebe es hier keinen Königsweg, erklärt der S20-Vorstandsvorsitzende Stephan Althoff: „Alle Verträge zwischen unseren Mitgliedern und den Rechtehaltern sind individuell ausgestaltet. Deshal müssen gemeinsame Lösungen gefunden werden, die die jeweiligen Interessen beider Parteien berücksichtigen.“
„Alle Verträge zwischen unseren Mitgliedern und den Rechtehaltern sind individuell ausgestaltet. Deshalb müssen gemeinsame Lösungen gefunden werden, die die jeweiligen Interessen beider Parteien berücksichtigen.“
Stephan Althoff, S20
Womöglich zeigt sich in dieser Extremsituation, wie eng die Bande zwischen Sponsor und Gesponsertem wirklich ist. Unternehmen, die diese Werbeform ernst nehmen, sollten sich deshalb hüten, auf jedes Vertragsdetail zu bestehen: „Sponsorenpartnerschaften sind entgegen klassischer Werbung in besonderem Maße durch eine Partnerschaft durch ‚dick und dünn‘ gekennzeichnet. Daraus schöpft sich die Authentizität und der emotionale Anker, der Sponsoring als Werbeform letztlich so attraktiv macht“, sagt Marcel Cordes, Managing Partner bei der Münchner Agentur Sportheads.
Sponsoren müssten daher „nun in besonderem Maße abwägen, ob faktisch feststellbare Minderleistung den potentiellen Imageschaden bei Rückforderung von Sponsoringgeldern überwiegen“, so Cordes weiter. „Neben der rechtlichen Bewertung der Situation ist Kommunikation und Augenmaß in Krisenzeiten besonders wichtig.“
Dabei ist eine Frage allerdings durchaus diskussionswürdig: nämlich die, inwieweit Geisterspiele die Sponsoringwirkung überhaupt beeinträchtigen. Cordes‘ Agentur hat hierzu im April eine Umfrage durchgeführt – mit interessanten Ergebnissen. So waren sich die Befragten uneins, was Geisterspiele für die Wirkung von Sponsoringpartnerschaften bedeuten. Etwas mehr als ein Viertel der Sportbusiness-Führungskräfte ist sogar der Meinung, dass sich die Wirkung von Sponsorings in leeren Stadien verbessert.
Wie ist das zu erklären? Nun, man könnte durchaus die Ansicht vertreten, dass die reduzierte Atmosphäre in den Stadien die Aufmerksamkeit der Zuschauer stärker auf die Werbebotschaften auf Banden, Cam- Carpets und Trikots lenkt. Einer, der dies durchaus für möglich hält, ist Olaf Bauer: „Wenn es weniger Drumherum gibt, wird der Zuschauer auch weniger abgelenkt sein. Es bestehen also gute Voraussetzungen, dass die Werbung auch wahrgenommen wird“, sagt der Geschäftsführer der Sponsoring-Agentur Lagardère Plus.
Hierbei gilt es allerdings zu bedenken, dass leere Ränge und fehlende Fan-Gesänge das mediale Erlebnis negativ beeinflussen können. Auch das zeigt die von Sportheads durchgeführte Umfrage, in der rund 85 Prozent von einer Verschlechterung des Fan-Erlebnisses ausgingen. „Ist das emotionale Involvement mit dem Spiel aufgrund der fehlenden audiovisuellen Kulisse reduziert, kann dies auch Auswirkungen auf die Wirkung der Sponsoren haben“, sagt Cordes.